PLATZ MACHEN

(Wird der Rathausvorplatz zum zweiten Kolbeplatz?)

Vor über eineinhalb Jahren, im Februar 2002, beschloss der Planungsausschuss der Stadt Gütersloh, das Rathausumfeld und damit auch den Konrad-Adenauer-Platz, besser bekannt als Rathausvorplatz, weiterzuentwickeln. Einzig und allein die BfGT sprach sich damals gegen eine Bebauung aus und setzte sich dafür ein, den Platz auch als Platz auszubauen, aufzuwerten und als grüne Oase (eventuell auch mit Parkplätzen) innerhalb der City beizubehalten. Die Bürger diskutierten und machten sich Gedanken. Soll sich der bis zu Letzt umstrittene Kolbeplatz wiederholen? Die Diskussionen verebbten, aber im Hintergrund wurde weiter an der Realisierung des Beschlusses gearbeitet. Ein Investorenwettbewerb wurde ausgeschrieben und der Gewinner, ein heimisches Architekturbüro, stellte seine Planungen vor einigen Tagen der Öffentlichkeit vor.

In einem viergeschossigen Baukörper mit einer Nutzfläche von 4000 Quadratmetern und einer Tiefgarage ist im fast komplett verglasten Erdgeschoss beabsichtigt, ein Sportgeschäft sowie ein Café unterzubringen. Ein Fitness-Center, Büroräume und sieben Wohnungen sollen ebenfalls in das Gebäude aufgenommen werden.

War der Rathausvorplatz in den Augen des Stadtplaners Michael Zirbel bisher eine gestalterisch unbefriedigende Lösung, sieht er die jetzt entwickelten städtebaulichen Alternativen als Teil der Stärkung und Standortsicherung für die Gütersloher Innenstadt. Der "Charme und Reiz" meint er, bestehe darin, dass der Entwurf einen Großteil des 4.700 qm großen Platzes freilasse. Einen Großteil? Eine sehr zweifelhafte Aussage. Jetzt begannen die Diskussionen erneut und die Bürger sehen es inzwischen anders als Politik und Verwaltung. Sie wollen einen Platz behalten, einen Platz der zum Verweilen einlädt, der Möglichkeiten zum Feste feiern gibt (das Konzert der Spider Murphy Gang zum Auftakt der Michaeliswoche, Streetball-Turnier etc.), der mit Bäumen bepflanzt, die Gelegenheit bietet, sich auf Bänken im Schatten niederzulassen und z. B. in Ruhe die Zeitung zu lesen. Die Bürger möchten einen Platz behalten und kein Plätzchen bekommen.

Leerstehende Geschäfte in der Innenstadt und in den Ortsteilen, leerstehende Büroflächen in ganz Gütersloh und demnächst ein weiterer Ladenhüter? Das fast gegenüberliegende Sportgeschäft Schöppner musste schließen, die Cafes verzeichnen Umsatzeinbrüche in bisher nicht gekanntem Ausmaß und auch die Fitnesscenter melden Austritte ihrer Mitglieder in fast zweistelligen Prozentzahlen. Entgegen aller Daten, Fakten und Prognosen sollen gerade diese Bereiche das neue Geschäftshaus mit Leben füllen und neue Käuferschichten in die Innenstadt locken?

Wir brauchen Plätze, die auch als Plätze genutzt werden können. Die Planer der Stadt sollten Platz für einen neuen, schön gestalteten Platz machen. Der Platz für ein neues Geschäfts- und Bürohaus wäre verschwendet und Gütersloh um eine weitere zubetonierte und bebaute Fläche reicher.

Die vorgelegten Entwürfe sind übrigens bis zum 31. Oktober im Rathaus I im Foyer des Ratssaales ausgestellt.

Roland von Zahl

06. Oktober 2003

Der Kommentar spiegelt nicht unbedingt die Meinung der BfGT wieder.