THEATERSPIELSTÄTTE TEIL III

KENNZEICHEN GT - Der Wochenkommentar in der NW

Friedrich, der Kleine

Es ist zum Verzweifeln. Da erklärt der Architekt Professor Jörg Friedrich wie selbstverständlich, dass sein Plan für den Neubau eines Gütersloher Theaters vor einigen Jahren zu groß gewesen sei. Bei der neuen Ausarbeitung wolle er nun Rücksicht darauf nehmen, dass die Stadt kein eigenes Ensemble unterhalte und deshalb weniger Räumlichkeiten benötige.Tränen, Beschimpfungen, Schuldzuwei-sungen, Rat- und Mutlosigkeit hat es gegeben in den letzten drei Jahren nach dem Bürgerbegehren zum Theaterneubau, wo Friedrichs Pläne zu Fall gebracht wurden. Kaum ein Thema, dass Gütersloh tiefer getroffen hat, als diese andauernde öffentliche Krise. Umso beschämender ist Friedrichs aktuelle Äußerung, der – fernab in Hamburg – nichts von der hiesigen Kulturmisere mitbekommt.

„Siehste!“ dürfen all diejenigen jubilieren, die einst gegen den Theaterneubau stimmten. Doch niemand darf ernsthaft bezweifeln, dass der Architekt Friedrich nicht gewusst habe, dass Gütersloh kein eige-nes Schauspielensemble besitzt. Warum also das alles? Friedrich will das Theater bauen. Der jahre-lange Arbeitsaufwand soll nicht unnütz bleiben, der Stolz fordert auch seinen Tribut. Und weil der Stararchitekt inzwischen gemerkt hat, dass sich die Zeiten geändert haben („Versuchen Sie heute mal einen Kindergarten-Neubau zu verwirklichen“) hat er noch mal nachgerechnet und seine eigenen Ansprüche angeleint.

Ob die neue Friedrich-Variante für Gütersloh in Frage kommt, entscheidet sich in wenigen Wochen. Die Verwaltung macht Druck. Doch das Zünglein an der Waage wird jetzt wohl der Theaterförderverein mit all seinen finanzkräftigen Mitgliedern sein. Das Pikante daran: Jörg Friedrich selbst hat eine Mit-gliedschaft unterschrieben, weil er, wie er selbst sagt „den Kampf ums Gütersloher Theater liebt“.

Alle anderen sind inzwischen deutlich liebloser in der Sache und sehnen sich nach einem Ende. Und nach einem Theater.

Jeanette Wedeking

11. März 2006